2 Szenen vom Elternsprechtag am Gymnasium in der Kreisstadt.

Mathelehrer (ML) und Vater (V).

V: Ich habe da eine Frage zur Korrektur der Schulaufgabe meines Sohnes.

Die Aufgabe war, eine Division durchzuführen und auf 3 Dezimalen zu runden. Mein Sohn hat es richtig gemacht und hat trotzdem hat er. Für diese Aufgabe nur die Hälfte der Punkte bekommen. Das verstehe ich nicht.

ML: Wenn auf drei Dezimalen zu runden ist, dann müssen 4 Stellen hinter dem Komma ausgerechnet und dann auf 3 Stellen gerundet werden. Er hat nur drei stellen ausgerechnet.

V: Ich habe meinen Sohn gefragt, warum er das nicht so gemacht hat, dann sagte er mit, dass das nicht nötig gewesen sei. Er habe, nachdem er die 3. Dezimale ausgerechnet habe, den Rest angesehen und festgestellt, dass der Rest kleiner als die Hälfte des Teilers sei und somit die vierte Stelle kleiner als 5 sein müsse. Also hat er abgerundet.

ML: Ich habe ihnen aber beigebracht, dass sie in dem Fall 4 Stellen ausrechen müssen.

V: Mein Sohn hat also eigenständig gedacht und Sie haben ihn dafür mit Punktabzug bestraft. Mir geht es nicht um die Note meines Sohnes, sondern darum, dass Sie ihren Schülern so das eigenständige Denken aberziehen.

ML: Wer auf drei Stellen zu runden hat, muss vorher vier Stellen ausrechnen.

V: Ich stelle fest, dass mein Sohn mehr mathematisches Verständnis hat als Sie.

ML: Wenn er dazugeschrieben hätte, warum er abgerundet hat, hätte er die Punkte bekommen.

V: Wenn Einstein in seiner Schulzeit durchgefallen ist, muss er Mathelehrer wie Sie gehabt haben.

Nachtrag:
Später konnte man in den betreffenden Akten einen Eintrag des Mathelehrers lesen, der Schüler sei aufsässig.

Religionslehrer (RL) und Vater (V)

V: Ich möchte mit Ihnen über einen Vorfall in einer Religionsstunde vor ein paar Wochen in der 7. Klasse reden.

RL Ja, das Problem werden wir schon hinbekommen.

V: Mein Sohn hat mir folgendes berichtet: Sie haben Formblätter für die Anmeldung zur Firmung ausgeteilt. Mein Sohn habe ihnen gesagt, dass die ihm kein Blatt geben brauchen, weil er sich nicht firmen lassen wolle. Während die anderen die Blätter ausgefüllt haben, hätten sie ihn nicht nur über den Stoff der letzten Stunde sondern über einen viel größeren Umfang ausgefragt und die Leistung mit 4 bewertet. Was sagen Sie dazu?

RL: Worüber ich Ihren Sohn ausgefragt habe, kann ich mich nicht mehr erinnern, und nachdem mündliche Leistungserhebungen nicht protokolliert werden müssen, kann ich dazu nichts sagen.

V: Das verstehe ich. Mir geht es auch nicht darum, mich zu beschweren, im Gegenteil, ich wollte mich bei ihnen bedanken. Wenn mein Sohn sagt, ihm sei es egal, er wolle ohnehin sobald als möglich aus der Kirche austreten. Und wenn das ihre Leistung ist, wollte ich mich dafür bedanken.

RL: Ich hab die Zeit genützt. Während die anderen den Zettel ausgefüllt haben, bin ich zu einer mündlichen Note gekommen. Sie müssen doch zugestehen, das war praktisch.

V: Jetzt weiß ich was es bedeutet, wenn jemand sagt, er wäre praktizierender Christ.

Nachtrag:
Wenn der Sohn aus dem Religionsunterricht ausgetreten wäre, hätte er nachmittags in Ethikunterricht gehen müssen. Da er seine Zeit sinnvoller nutzen wollte, blieb er bis zum Abitur im Religionsunterricht. Ausgetreten ist er schließlich kurz bevor er zu arbeiten begann.

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