OriginalHochdeutsch
I hob mei Gitarr wieda dabei, weil etzt beginnen ja meine musikalischen Jahre. Heier hob i des Paul McCartney-Jahr, in zwoa Jahr wird's no wuida, do kimmt as Udo-Jürgens-Jahr. Ja, da Pol Mäckartnie singt doch "When I'm sixtyfour." Und da Udo Jürgens "Mit 66 Jahren".

Ui, do is a Brief drin ime Gitarrnsock, deaf i schell lesen? Oda soll i laut lesn?
Ich habe mein Gitarre wieder dabei, weil jetzt beginnen ja meine musikalischen Jahre. Heuer hab ich das Paul McCartney-Jahr, in zwei Jahren wird es nch wilder, da kommt das Udo-Jürgens-Jahr. Ja, der Paul McCartney singt doch "When I'm sixtyfour." Und Udo Jürgens singt "Mit 66 Jahren".

Ui, da ist ein Brief in der Gitarrenhülle, darf ich ihn schell lesen? Oder soll ich laut lesen?

An Helmut

Ich bin mehr als sauer. Es ist es nicht mehr zum Aushalten mit dir, so wie du mich behandelst. Das geht weit über das Maß hinaus, das ich ertragen kann. Du machst nur blöde Witze über mich, du sperrst mich ein und liebst mich nicht. Du misshandelst mich, anstatt mich liebevoll in den Arm zu nehmen, wie es eigentlich in einer guten Beziehung üblich sein sollte. Inzwischen bemitleiden mich schon Außenstehende.

Wer hod denn des gschriem? Deine Gitta.

Also Gitta, i moan, dass ich blede Witz auf deine Kostn mach, des konn ma scho amol passiern, oba misshandeln oda eisperrn, des stimmt doch ned. Gitta, des konnst doch ned schreim, und no dazua vor olle Leid do, wo i eh scho so a Matscho-Imitsch hob, bei dene do. De Nicki feixt scho: "das hab ich schon immer gewußt, das hab ich schon immer gewußt".
Wer hat denn das geschrieben? Deine Gitta.

Also Gitta, ich meine, dass ich dumme Witze auf deine Kostn mache, das kann schon mal vorkommen, aber misshandeln oder einsperren, das stimmt doch nicht. Gitta, das kannst du doch nicht schreiben, und noch dazu vor allen Leude hier, wo ich ohnehin schon so a Macho-Image habe, bei ihnen. Die Nicki feixt schon: "Das hab ich schon immer gewußt, das hab ich schon immer gewußt".
Gitta: Des hob i ned gschriem.

Oba do steht doch Gitta, zwar a bisserl kraklich, oba immahin: Gitta. - Moment, do san no zwoa Buchstam, ein "r" und ein "e". Gitta Re. Da Gitta ihr Retourkutschn. Oda soll des Gitarre hoaßn? Da Brief is von meina Gitarr! Gitarre mit zwoa "t" und oam "r", Legasthenika aa no. Ja mei, fia den Preis konn ma koa Gitarr mid Abitur erwartn. Soll i weida lesn?
Gitta: Das hab ich nicht geschrieben.

Aber da steht doch Gitta, zwar etwas kraklich, aber immerhin: Gitta. - Moment, da sind noch zwei Buchstaben, ein "r" und ein "e". Gitta Re. Gittas Retourkutsche. Oder soll das Gitarre heißen? Der Brief ist von meiner Gitarre. Gitarre mit zwei "t" und einem "r", Legastheniker auch noch. Ja, für den Preis kann man keine Gitarre mit Abitur erwarten. Soll ich weider lesen?
Das Ganze hat eigentlich so schön begonnen, als du mich damals gekauft hast. Da hab ich sofort gewusst, mit dir brauche keine Lieder von bunten Fahnen spielen, oder vorm Lagern vor Madagaskar. Du warst ein Typ von Cohen, Donovan, Dylan oder Kristoffersen. Du hast auch sofort mit Üben begonnen, mit einem Buch von Peter Bursch. Das erste Lied war "Get back" von den Beatles mit nur 2 Griffen, aber schon dafür hast du dich zu blöd gestellt. Und als du auch noch dazu singen wolltest, klang es wie der Königsjodler von Fredl Fesl.
Ziemlich schnell hast du ja selbst eingesehen, dass es keinen Sinn hat. Und dann begann das Martyrium: Jahrelang hast du mich in einen dunklen Sack gesteckt. Bei diversen Umzügen oder wenn das Zimmer umgeräumt wurde, hat man mich genommen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das ist, jedes Mal die gleiche Hoffnung: Jetzt packt mich einer aus, nimmt mich zärtlich in die Hände und spielt auf mir. Und jedes Mal die gleiche Enttäuschung, ich wurde nur in eine andere Ecke geräumt. Jedes Mal der gleiche Frust!
Und dann hast du die Schnapsidee gehabt, dass du mich auf das Liedertreffen mitnehmen könntest. Zugegeben, da hast du mich im Vorfeld ein paar Mal ausgepackt, da hast du aber nicht mit mir gespielt, da hast du nur geübt, wie du mich falsch in die Hände nehmen kannst.
Und dann, das Liedertreffen! Es hätte ja ein tolles Erlebnis werden können, als du mich wie alle anderen Liedermacher stolz durch die Gänge getragen hast, da hab ich schon gehofft, ich könnte doch noch als Konzertgitarre Karriere machen. Und als ich dann hinten auf der Bühne neben all den teuren Gitarren an der Wand lehnte, das war toll, auch wenn die anderen Gitarren ziemlich despektierlich auf mich geschaut haben.
Und dann haben sie begonnen, davon zu schwärmen, was sie gleich spielen werden. Die eine erzählte von einer Ampel, eine vom Hühnernudeltopf, die dritte von der Gartenzwergidylle. Und dann fragten sie mich. "Ich glaub ich spiel A-Moll" sagte ich. "Wir wollen nicht wissen, welchen Akkord du spielst, sondern welche Lieder." "Ich glaube, ich spiele nur A-Moll". Ich konnte ihnen doch nicht sagen, dass ich an einen Versager geraten bin. Wie hab ich mich da geschämt!
Wie du aber dann vergeblich an einer Wandergitarre wie mir einen Verstärkeranschluss gesucht hast, ehrlich, das war schon mehr als peinlich. Genauso der Gag auf Clemens Kosten, dass er dich angeblich falsch verstanden hat, als du ihn nach der Größe des Lochs in der Gitarre gefragt hast.
Und dann hast du noch versucht, mich dadurch zu stimmen, indem du meine Wirbel in Reih und Glied ausrichtest. Du, da war ich echt verstimmt.
Nach deinem sogenannten Auftritt hat mich dann ein Teilnehmer genauer inspiziert. Sein einziger Kommentar: "Viel wert ist die nicht."

Nach dem LT erlebte ich den Höhepunkt in meinem eher tristen Leben. Da hat mich ein junger Mann, ich glaube es war dein Schwiegersohn, neu gestimmt. Mein Gott, wie sachgemäß mich der angefasst hat! Und dann hat er sogar noch ein paar Akkorde auf mir gespielt, aber da war es schon wieder aus mit der Herrlichkeit, er spielte "Wir lagen vor Madagaskar."
Und dann begann das Martyrium. Du hast mich in Gerhards Keller geschleppt, mich immer wieder vermessen und mir dann den A-Moll-Kapodaster angepasst. Immerhin kam ich für ein paar Stunden aus dem dunklen Sack heraus. Aber das, was du dann auf dem Liedertreffen mit mir gemacht hast, war Missbrauch und nichts anderes. Einen Kapodaster aus Metall, sozusagen als Halskette hätte ich mir eingehen lassen. Anstatt dessen hast du mir einen Holzklotz um den Hals geschnallt. Und damit nicht genug, auch noch verkehrt herum. Ich weiß nicht, ob mir vor Schreck oder wegen dem engen Klettverschluss die Luft wegblieb.
Letztes Jahr dann war das Maß voll. Da hast du mich für dein Versagen verantwortlich gemacht. Du hast mir sogar dafür die Schuld gegeben, dass dir nichts mehr einfällt. Du hast mich in meiner Ehre verletzt. Dabei hab ich sogar den Zuhörern leid getan. Dabei, und das musst du doch zugeben, hast du noch nie so viel Lacher gehabt, wie beim LT, wenn du mit mir auf der Bühne gestanden bist. Ich hab einen Grund dich zu hassen, nicht du mich.
Und der Gipfel der Gitarreverachtung war dann, als du mich auf der Hand balanciert hast. Ich bin doch eine Gitarre und kein Requisit für einen Artisten. Das ist Gitarrenmissbrauch. Ich sag dir, das mach ich nicht mehr mit, ich streike, ich lass mich scheiden, ich such mir einen anderen Gitarrespieler.

Nicht mehr deine
Gitta re

PS. Mir schwant für heuer schon Übles, nachdem du seit einiger Zeit versuchst, mich auf dem Fuß zu balancieren.

Ja, liebe Gitarre, des hab i letzts Jahr vasprocha, da hilft dei Jammern garnix, do muaßt etzt durch.

(die Gitarre wird auf dem Fuß balanziert)

Vielleicht is a paar afgfolln, i hob do a bisserl gschummlt, i hob do an Hammer higmacht. Dann geht's balanciern leichter, weil da Schwerpunkt weida om is. I hätt eich des Ganze gern physikalisch erklärt, oba des dauert bei mir a dreiviertel Stund, des is a Berufskrankheit. Und do hod da Elmar a Veto eiglegt.

Oba, wos mach i etzt mid dem Hammer? Des is so a Art Nothammer. Woaßt du, was ma mid am Nothammer macht? Konnst di erinnern? Ende da 60er Jahre auf offner Bühne? Pete Taunsend hod sei Gitarr zertrümmert, Jimmy Hendrix hods verbrennt und i hob an Nothamma.
Ja, liebe Gitarre, das hab ich letztes Jahr versprochen, da hilft dein Jammern garnichts, da musst du jetzt durch.

(die Gitarre wird auf dem Fuß balanziert)

Vielleicht ist ein paar aufgefallen, ich hab da etwas geschummelt, ich hab da einen Hammer angebracht. Dann geht das Balancieren leichter, weil der Schwerpunkt weiter oben ist. Ich hätte euch das Ganze gern physikalisch erklärt, aber das dauert bei mir eine dreiviertel Stunde, das ist eine Berufskrankheit. Und da hat Elmar ein Veto eingelegt.

Aber, was mach i etzt mid dem Hammer? Das ist so eine Art Nothammer. Weißt du, was man mit einem Nothammer macht? Kannst du dich erinnern? Ende der 60er Jahre auf offner Bühne? Pete Taunsend hat sein Gitarre zertrümmert, Jimmy Hendrix hat sie verbrannt, und ich hab einen Nothammer.
I mach etzt Schluss, damit ein für alle Mal a Ruah is mid der Nerverei.

---- Hod jeda a gscheids Foto gmacht? ---

Ich mach jetzt Schluss, damit ein für alle Mal Ruhe ist mit der Nerverei.

---- Hat jeder ein gescheites Foto gemacht? ---

Na, des konn i ned. I bin ja a zivilisierter Mensch. I nimm di noamol mid hoam. Vielleicht kenna di ja meine Enkl amol braucha, und de Zeit im Sock bis dahin bist ja inzwischn gwohnt. Nein, das kann ich nicht. Ich bin ja ein zivilisierter Mensch. Ich nehm dich noch einmal mit heim. Vielleicht können dich ja meine Enkel mal brauchen, und die Zeit im Sack bis dahin bist du ja inzwischen gewohnt.

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