1. Bild:

19.4.2005, 17.45 Uhr, Rom, Petersplatz

Vergessen wir die Tatsache, dass weißer Rauch aus dem Kamin der Sixtinischen Kapelle quillt und immer mehr Leute auf den Platz strömen.

Konzentrieren wir uns auf den Reporter, der für die ARD aus Rom berichtet:

Er erklärt uns, dass weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigt (eigentlich wird er vom Wind sofort nach unten gedrückt, aber das ist nebensächlich) und dass das bedeuten sollte, dass ein neuer Papst gewählt wurde, dazu müssten aber die Glocken der Peterskirche läuten, und das tun sie aber nicht. Er dreht sich nochmals um und stellt fest, dass der Rauch mehrheitlich weiß ist. Aber was ist mit den Glocken? Der Rauch ist tatsächlich weiß.

Ja, was soll er den Zuschauern in Deutschland noch erzählen? Er wird einfach nicht abgeschaltet, der Rauch ist eindeutig weiß und die Glocken läuten immer noch nicht. Was soll er weiter berichten? Dass der Rauch mehrheitlich weiß ist? Er ist seit einer Viertelstunde auf Sendung und kann einfach nichts anderes berichten, als dass der Rauch mehrheitlich weiß ist. Er dreht sich immer wieder um, um sich zu versichern, dass alles mit rechten Dinge zugeht, der Rauch ist weiß.

Da plötzlich läuten die Glocken, es sind aber nur die Glocken, die die Uhrzeit, nämlich 6 Uhr, schlagen. Ja, warum läuten die Glocken nicht, wenn doch weißer Rauch aufsteigt? Er muss irgendetwas berichten, abgeschaltet wird er nicht.

Mein Gott, muss sich der Reporter wohl denken, wie toll wäre es, von einen Schwank aus dem Leben zu berichten zu können, oder einen Witz zu reißen, aber das erlaubt die Ernsthaftigkeit der Situation nicht. Aber außer dem weißen Rauch und den schweigenden Glocken gibt es nichts zu berichten und das seit 20 Minuten und niemand schaltet ihn ab. Ich mach etwas Vernünftiges ...

Nach einiger Zeit höre ich den Schrei von meiner Frau: "Stell dir vor, jetzt haben die Deppen tatsächlich den Ratzinger gewählt."

2. Bild:

19.4.2005 München, Wall Mart, 18.45 Uhr

Musikgedudel aus den Lautsprechern

5 Sekunden Ruhe

Eine Stimme aus den Lautsprechern berichtet, dass ein neuer Papst gewählt wurde, nämlich Kardinal Ratzinger

5 Sekunden Ruhe

Musikgedudel aus den Lautsprechern

3. Bild:

19.4.2005 Transvesting, 22.45 Uhr Teschtirp sortiert seine Gedanken:
  • Habemus Papa-Razzi!

  • Aus Angst, unter Ratzinger Papst sein zu müssen, haben sich die Kardinäle schweren Herzens kollektiv entschlossen, Ratzinger zum Papst zu machen.
  • Für mich ist die Wahl von Kardinal Ratzinger ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sich die Kirche bewegen will - in Richtung Mittelalter.

  • Es ist schon bedenklich, dass unter all den Kardinälen der mit der konservativsten Geisteshaltung zum Papst gewählt wurde.

  • Ich finde es gut, dass der konservativste unter den Kardinälen zum Papst gewählt worden ist. Schon seinem Vorgänger ist durch sein Festhalten am Zölibat die erfreuliche Entwicklung zu verdanken, dass innerhalb eines halben Jahrhunderts in der Gemeinde Transvesting die Zahl der Priester von 5 auf einen zurückgegangen ist. Vielleicht schafft es ja der neue Papst, dass in Zukunft Transvesting seelsorgerisch von der Kreisstadt aus betreut wird.

  • Zwischendurch erreicht ihn eine Mail mit folgendem Titel: "Das Altersheim wählt seinen Faschingsprinzen." Was damit wohl gemeint ist?

  • Sorge habe ich wirklich nur, dass sich Deutschland auf dem Weg zum Gottesstaat befindet, dass die Schwulen gerädert werden und dafür die Sterbenden nicht mehr sterben dürfen und dass die Betätigung als Engelmacherin wieder zu einem einträglichen Beruf wird. Wird die Mitgliedschaft in einer Kirche wieder Voraussetzung bei der Berufswahl, bei der Vergabe eines Kindergartenplatzes, beim Autokauf?

  • Offenbar ist es für einen Bayer leichter Papst als Bundeskanzler zu werden.

  • Ich hoffe, dass den Gläubigen, die denken können, nach der Papstwahl ein Licht aufgeht und dass sie diese Fähigkeit endlich auch nützen.

  • So kann man es natürlich auch sehen:

4. Bild:

20.4.2005 Transvesting, 9.45 Uhr Pfarrer Lehner

Voll Begeisterung entdeckt Pfarrer Lehner die Schlagzeile der heutigen Bildzeitung: "Wir sind Papst" und lässt sich gleich damit ablichten:

Was bedeutet diese Überschrift?

Wenn die deutsche Fußballnationalmannschaft die Weltmeisterschaft gewinnt und der kleine Schuasta Andi auf der Straße voll Stolz herumgrölt, dass wir nun Weltmeister seien, weiß man, wer es sagt und was damit gemeint ist: Wir Deutsche, und zwar alle sind Weltmeister, zumindest fühlen wir uns als solche.

Heißt das nun, dass alle Deutschen Papst sind? Alle? Die Katholiken, die Protestenten, die Atheisten, die Verheirateten, die Kinder, sogar die Frauen? Da wir mit Sicherheit die Frauen ausschließen können, kann das wohl nicht Sinn der Bild-Schlagzeile sein.

Vor Allem ich möchte mich dagegen verwehren, Papst zu sein. Ich lass mich nicht für die Überbevölkerung, für die Diskriminierung der Frauen und Schwulen, für all die Doppelmoral verantwortlich machen.

Ich habe insbesondere gelernt, dass es, von einigen kurzen Zeitenspannen abgesehen, immer nur einen Papst gibt. "Papst" steht im Singular, "wir" jedoch ist eindeutig Plural. Wie reimt sich das zusammen?

"Wir", das sind die Leute von der Bild-Zeitung. Wahrscheinlich halten sie sich in grenzenloser Selbstüberschätzung für den Papst.

Wolfgang, der sich freundlicherweise für das Bild des Transvestinger Pfarrers zur Verfügung gestellt hat, versichert glaubhaft, vor dem 20.4.2005 noch nie ein Exemplar der Bild-Zeitung gekauft zu haben. Wahrscheinlich hat auch hier die Schlagzeile den Zweck der Verkaufssteigerung erfüllt.

5. Bild:

23.4.2005 Transvesting, Teschtirp grübelt schon wieder:

Bene16 muss als Staatsoberhaupt die Staatsbürgerschaft des Vatikans haben.

Jetzt freut sich aber ein Großteil der Deutschen darüber, dass der neue Papst ein Deutscher ist.
Heißt das, dass Bene16 einen Doppelpass hat?
Komischerweise freuen sich aber darüber diejenigen am lautesten, die seinerzeit die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft am Lautesten ablehnten.

Oder sollte Bene16 vielleicht die deutsche Staatsbürgerschaft abgelegt haben?
Hat Bene16 sein Vaterland verraten, ist Bene16 ein Verräter? (Hat also seine Zeit als Hitlerjunge überhaupt keine Spuren hinterlassen?)
Worüber freuen sich dann die Deutschen?

Stellen wir uns weiterhin vor, Deutschland, hätte das gleiche Gesetz wie die USA, nachdem jeder Deutsche in Deutschland seine Steuern zu zahlen habe.
Wo hätte in dem Fall Bene16 seine Steuern zu zahlen?

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