"Deus lo vult". Gott will es, so wurde im 11. Jahrhundert der erste Kreuzzug begründet. Weil Gott es wolle, zog man in den Nahen Osten, um Jerusalem zu befreien. Vielleicht wollte lediglich Papst Urban II, dass die Menschen, die zu der Zeit gezwungener maßen Christen waren, den wirtschaftlich motivierten Eroberungsfeldzug unterstützten. Noch im 19. Jahrhundert hielt der Dichter Ludwig Uhland in seinem Gedicht "Der wackere Schwabe" den Kreuzzug Barbarossas für lobenswert (lobesam) und heroisierte den Schwabenstreich mit dem ein Türke mit einem Hieb in zweigeteilt wurde.
Auf Gottes Wille berufen sich aber auch die Islamisten, von Pakistan bis Mali, wenn sie Ungläubige überfallen, terrorisieren und abschlachten. Ebenso berief man sich auf Gott, wenn Christen von Amerika bis zu den hintersten Gewürzinseln Völker ausradierten, die sich nicht taufen lassen wollten. Juden wurden von Christen bis ins 20. Jahrhundert verfolgt, unterdrückt, verjagt, ermordet und vernichtet.
In Indien schlagen sich Moslems und Hindus gegenseitig die Schädel ein, auch dabei wird mit Gottes Wille argumentiert. Die Juden in Israel und die Moslems in den Nachbarstaaten bekriegen sich permanent. Beide behaupten dabei, Gottes Wille zu erfüllen. Im ehemaligen Jugoslawien waren es gar die Angehörigen von 3 Religionen - Katholiken, gr. Orthodoxe und Moslems - die Gott anführten, als sie mit Waffen aufeinander losgingen.
Es bekriegen sich aber auch verschiedenen Glaubensrichtigen, die an den gleichen Gott glauben. In Irland sind es die Katholiken und Protestanten, in einer anderen Ecke der Welt sind es die Sunniten und Schiiten. Und sie alle berufen sich bei ihrem Tun auf Gott.
Auf der Votivtafel aus Transvesting bittet der Corporal Philip Festmeier im Kampf gegen die Kroaten, Marias möge ihn durch ihre Fürbitte an Gott die Schlacht unbeschadet überstehen lassen. Dabei ist ihm wahrscheinlich gar nicht bewußt, dass der Kroate, auf den er gerade zielt, die gleiche Maria um Hilfe bittet.
Wie ist es nun möglich, dass Gottes Wille so unterschiedlich ausfällt? Es gibt drei Möglichkeiten:
- Es gibt nicht nur einen Gott. Nicht nur jede Religion, sondern sogar jede Glaubensrichtung hat einen Gott.
Dies widerspricht aber den meisten der beteiligten Religionen, die von einem Monotheismus ausgehen.
- Gott flüstert den am Konflikt beteiligten Parteien widersprüchliche Dinge ein und ergötzt sich -wie menschliche Zuschauer beim Boxen- daran, wie sich beide gegenseitig bekloppen.
Ein so perfider Gott kann jedoch nicht als "lieb" bezeichnet werden.
- Mindestens eine, wahrscheinlich beide der beteiligte Kriegsparteien lügen. Die Behauptung, Gottes Wille zu kennen, ist eine Schutzbehauptung, um machtpolitische oder wirtschaftliche Gründe zu rechtfertigen.
Die gleichen Leute behauten aber, bezüglich Verhütung, Sterbehilfe oder Homosexualität Gottes Wille zu kennen.