Podiumsdiskussion zum Thema Patientenverfügung.
Auf dem Podium sitzen Vertreter von Parteien, Wohlfahrtsorganisationen und als Kirchenvertreter Pfarrer Schuderer. Man diskutiert kontrovers aber fair, man redet sich die Köpfe heiß. Und dann kommt von Pfarrer Schuderer folgender Satz:
(Mehr hab ich gar nicht mitbekommen, weil mir bereits nach dem ersten Halbsatz schlagartig der Hals angeschwollen ist.)
Woher weiß Pfarrer Schuderer, was Gott will? Hat Gott ihm seinen Willen deutlich kund getan? Hat er es schriftlich? Wie kommt Pfarrer Schuderer zu der Behauptung? Aus der Bibel kann er Gottes Wille nicht bezogen haben, das Problem der Patientenverfügung gab es vor 2000 Jahren noch nicht.
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Einwurf Pfarrer Schuderer: Sie gehen viel zu sachlich an das Problem heran. Ich empfinde es als schrecklich, wenn jemand keine "Spiritualität" empfindet. Sie haben eben keine spirituelle Antenne und können aufgrund dieses "Makels" nicht fühlen, was Gottes Wille ist.
Antwort:
Ja soll ich denn wie ein Teletubbie mit einer Antenne auf dem Kopf durch die Gegend laufen?-
Es ist wie bei des Kaisers neuen Kleidern, niemand wagt es, sich einzugestehen, dass da überhaupt nichts zu fühlen ist.
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Wenn ein junger Mensch stirbt und sich die Hinterbliebenen fragen, warum Gott das zulasse, tröstet sie Pfarrer Schuderer mit den Worten, dass Gottes Wege unergründlich seien. Bezüglich Patientenverfügung besitzt er aber die Arroganz, ganz genau zu wissen, was Gottes Wille ist. Eigentlich müsste es selbst für Gläubige eine Blasphemie darstellen, wenn Pfarrer Schuderer behauptet, seine persönliche Meinung sei der Wille Gottes.
Seht oft hört man in diesem Zusammenhang den Begriff gottgefällig. Weill aber die, die dem Begriff verwenden, naturgemäß nicht wissen, sondern nur glauben zu wissen, was Gott gefällt, sind sie nur selbstgefällig.
Oder glaubt Pfarrer Schuderer gar, die stärkeren Argumente zu besitzen, weil er sich auf ein Phantom berufen kann? Ist meine Meinung weniger wert, weil ich so ehrlich bin, zu sagen, dass ich mich für meine Meinung nicht auf eine höhere Autorität berufen kann? Hab ich deshalb in einer Diskussion die schlechtern Karten?
Ich könnte natürlich mit dem gleichen Recht behaupten, Gott will nicht, dass er im Streit der Meinungen ständig missbraucht wird.
Mir erscheint die Theorie immer wahrscheinlicher, dass die Religion von Menschen erfunden wurde, um Macht über andere Menschen auszuüben. Gott ist nicht anderes als eine Erfindung von Menschen, die glauben, die stärkeren Argumente zu haben, wenn sie sich auf ihn berufen.
Wer obendrein ein Argument damit untermauert, dass er sagt, Gott wolle es so, demonstriert damit, dass er nicht zu denken bereit ist. Mit dem Bezug auf Gottes Wille wird doch gleichzeitig die fehlende Bereitschaft signalisiert, sich rational mit einem Problem auseinander zu setzen. Es ist schon sehr suspekt, wenn bei einem so komplexen Thema wie der Patientenverfügung geglaubt wird, ohne Denken auskommen zu können.
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Einwurf Pfarrer Schuderer:
Das klingt ja so, als könnten Leute, die glauben, nicht denken.
Antwort:
Das hab ich nicht behauptet, nur gleichzeitig klappt Glauben und Denken nicht. |
Von mir aus soll Pfarrer Schuderer die Angehörigen der Kirche, die nicht so handeln, wie Gott will, Bußen auferlegen, bestrafen, exkommunizieren oder der Inquisition zuführen. Den Rest der Bevölkerung soll er aber mit seiner verqueren Doppelmoral in Ruhe lassen.
Der Theologe hat doch Gott studiert, seine Lehre rekrutiert sich folglich aus einem Mythen-Buch. Woher glaubt er die Kompetenz zu besitzen, bei Fragen über Leben und Tod mitreden zu können? Diese Fragen sind so schwierig, dass wir uns von denen, die ihr Wissen aus den ungeeigneten Büchern beziehen, nicht hinein reden lassen dürfen. Glaubt Pfarrer Schuderer, die Kompetenz dadurch zu bekommen, dass er sich auf Gott beruft, und zwar auf einem Gebiet, in dem sich Mediziner und Biologen Kompetenz erworben haben.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Klerus bei naturwissenschaftlichen Fragen seine Inkompetenz beweist. Noch im 17. Jahrhundert bezog der Klerus seine Kenntnisse aus dem Mythenbuch und schickte und Astronomen auf den Scheiterhaufen, weil sie ihre Kenntnisse aus dem Blick durch ein Fernrohr gewannen. Man muss sich vorstellen: Ca. 220 v. Chr. hat Eratosthenes mit einer Ungenauigkeit von ca. 10% den Umfang der Erde berechnet. Mehr als 1800 Jahre später gelang es dem Klerus immer noch, die Menschheit derart zu verdummen, dass er jemanden zum Tode verurteilen konnte, der den Beleg antrat, dass die Erde Nicht der Mittelpunkt der Welt ist.
Im Mittelalter zogen die Kreuzritter nach Osten und schlugen jedem den Schädel ein, der sich nicht zum Kreuz bekannte. Wunden wusch man mit Öl aus, Kranke behandelte mit Aderlass. Ärzte, die andere Methoden anwandten, verurteilte amn als unchristlich, auch wenn sie damit Erfolg hattenHeilerinnen, die zu viel Erfolg hatten, verbrannte man als Hexe. Überhaupt, die Frauen, sie galten im Mittelalter nicht als intelligent genug um Lesen und Schreiben oder gar latein zu lernen. Und immer berief sich der Klarus dabei auf Gottes Wille.
Heute wissen wir dass das Gegenteil der Fall ist: Die Erde rückt immer mehr an den Rand der Galaxis und dass sie keine Scheibe ist, erkennt man spätestens seit Google Earth. Die geistigen Leistungen der Frauen werden allein durch die Zahl der weiblichen Studentinnen belegt. Die christliche Lehre der Körpersäfte wird heute als nicht nur überholt, sondern als gefährlich eingeschätzt. Und Menschen anderer Kulturkreise gesteht sogar die Kirche gleiche Rechte zu. Aber, fragt man sich da, was ist da mit Gottes Wille? Hat Gott inzwischen seine Meinung geändert oder war es damals schon nicht der Wille Gottes, sondern der von Menschen. Wurden die Menschen damals schon so angelogen, wie es die Kirchen heute immer noch tun?
Wie kann man sich heute immer noch auf den Willen Gottes berufen, wenn man zugeben muss, dass man eigentlich immer daneben gelegen ist, wenn man sich auf Gottes Wille berufen hat? Immer dann, wenn von Gottes Wille gesprochen wird, stellt sich später heraus, dass Gott (oder die, die ihm diesen Willen in den Mund gelegt haben) seine Meinung revidieren musste.
Es gibt Augenblicke, da wünsche ich mir, es gäbe einen Gott, der die Pfarrisäer zur Rechenschaft dafür zieht, dass sie ihm ihre Meinung als seinen Willen unterstellen.
Offenbar gelingt es Theologen heute immer noch, ihre Inkompetenz hinter der Formulierung zu verstecken, dass es sich um Gottes Wille handle.
Es ist an der Zeit, sich zur Wehr zu setzen.
Immer dann, wenn ein Theologen seine inkompetente Meinung zu einem fachfremden Thema mit Gottes Wille begründet, muss ihm ins Wort gefallen werden.
Wir dürfen uns die Erde von der Mythen-gesteuerten Inkompetenz nicht noch einmal zur Scheibe machen lassen.
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Stellvertretend für alle, die ihre Meinung als Gottes Wille verkaufen, wird der Kleingeistpreis 2004 an Pfarrer Schuderer verliehen.
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