In Transvesting gibt es noch Haushalte mit nur dreistelligen Telefonnummern. Der Teschtirp hat einen Anschluss davon. Vielleicht ist das der Grund, warum er immer wieder Anrufe zu Werbezwecken erhält. Im Folgenden erzählt er von diesen Anrufen:

Vor Kurzem rief mich wieder mal die Süddeutsche Klassenlotterie wegen eines Sonderangebots an.

Auf die Frage, ob es sich dabei um ein Nullsummenspiel handle, musste die Dame am anderen Ende der Leitung passen. Diese Wissenslücke überspielte sie mit der Frage, ob ich denn nicht gerne gewinnen möchte.

Nachdem ich beim letzten Mal schon gesagt habe, dass ich darauf keinen Wert lege, weil ich genügend Geld habe, antwortete ich dieses Mal, dass ich schon gern gewinnen, aber noch viel weniger gern verlieren würde, besonders dann, wenn von Vornherein klar sei, dass dabei Andere auf jeden Fall gewinnen.

Anscheinend verstand die Dame diese Bemerkung nicht so ganz, oder wollte sie nicht verstehen, auf jeden Fall schwärmte sie mir vor, welch tolles Sonderangebot sie mir bieten könne. Also fragte ich sie konkret, wie hoch denn die Gewinnausschüttung sei. Diese Frage könne sie mir nicht beantworten, sagte sie, und erzählte mir wieder was von tollen Gewinnen.

Meinen Einwurf, dass ich doch nicht so doof sei, die Katze im Sack zu kaufen, konterte sie mit der Bemerkung, dass es doch nicht doof sei zu gewinnen.

Zu guter Letzt machte ich ihr einen Vorschlag zur Güte: "Jetzt gehen Sie zu ihrem Chef und fragen ihn, wie hoch bei Ihrer Lotterie die Gewinnausschüttung ist, und wenn Sie das wissen, dann dürfen Sie mich noch einmal anrufen und mir ein Angebot machen." Auf dieses Angebot warte ich immer noch.

Ich bekam ein paar Mal den Anruf von einem Verlag, bei dem ich ein Zeitschriften-Abo habe. Mir wurden immer wieder Probe-Abos von anderen Zeitschriften dieses Verlags angeboten. Ich kannte diese Zeitschriften und sie sagten mir nicht zu und immer weder wurde mir ein Probe-Abo angeboten. Bis ich damit drohte, nach dem nächsten Anruf das Abo meiner Zeitschrift zu kündigen.

Seitdem hab ich von dem Verlag nie wieder einen Anruf bekommen.

Mich rufen immer wieder mal Weinhändler an, die mich zu einer Weinprobe einladen wollen. Das letzte Mal hatte ich gerade etwas Zeit und Muße, so dass ich mich den Fragen stellte. Ich dachte mir, dass der Rest der Welt für die Zeit von lästigen Anrufern verschon bleibt, wenn ich mich opfere. Außerdem hege ich immer noch de Hoffnug, dass Call-Center überflüssig werden, wenn sie keinen wirtschaftlichen Erfolg haben.

In dem Fall fing die Dame am Apparat ganz unverfänglich an und stelle ein paar Fragen. Sie wolle beispielsweise wissen, ob ich gerne guten Wein trinke, ob ich roten oder weißen bevorzuge, ob ich ein Anbaugebiet oder eine Rebsorte bevorzuge. Irgendwann kommt dann unweigerlich die Frage, ob ich auch an Weinproben teilnehme.

"Ja", antwortete ich beim letzten Mal auf diese Frage.

Eine der nächsten Fragen ist dann, woher ich gewöhnlich meinen Wein beziehe, direkt vom Weingut, von einem speziellen Händler oder aus dem Lebensmittelgeschäft. "Ich kauf den Wein beim Aldi.", hab ich da geantwortet.

"Ich hab gedacht, Sie machen Weinproben."

"Ja, da kauf ich eine Flasche, und wenn sie mir schmeckt, kauf ich beim nächsten Mal einen Karton."

Mit einem "Ich glaube, Sie gehören nicht zu unserer Zielgruppe." beendete sie das Telefonat.

Nachtrag:

Früher hielt ich es für einen Dienst an der Allgemeinheit, wenn ich das Opfer bringe und die Anrufer möglichst lange beschäftige, weil sie dadurch andern nicht lästig fallen können. Inzwischen bin ich nicht mehr so sozial. Eine Zeit lang habe ich den Anrufern noch gesagt wie lästig sie sind, inzwischen lege ich wortlos auf, sobald ich erkenne, worum es geht.

Von einer Bekannten erfuhr ich, dass sie die Anrufer vom Call-Center in ein Gespräch über ihre Arbeitsbedingungen verwickelt und sie über ihre Rechte aufklärt. Auch dazu ist mir inzwischen meine Zeit zu schade.

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