n Das Kreuz

1995 entschied, das Verfassungsgericht in Karlsruhe, dass die bayerische Verordnung, in den Klassenzimmern habe ein Kreuz zu hängen, rechtswidrig sei. Dazu ein Text aus diesem Jahr, der aber seine Aktualität nicht verloren hat.

OriginalHochdeutsch
Des Kreiz

Is scho a Kreiz, mit dem Kreiz, des wo da nimma in de Klassenzimma hänga deaf. I moan, a so hams as ja garnet gsogt, de Vafassungsrichta in Karlsruhe, es deaf ja hänga bleim, de ham bloß gsogt, daß de staatliche Anordnung, daß des Kreiz do hänga muß, rechtswidrig is, net mehr und net weniga.
Das Kreuz

Es ist schon ein Kreuz, mit dem Kreuz, das da nicht mehr in den Klassenzimmern hängen darf. So haben es die Verfassungsrichter in Karlsruhe gar nicht gesagt, es darf ja hängen bleiben, sie haben nur gesagt, dass die staatliche Anordnung, dass das Kreuz da hängen muss, rechtswidrig ist, nicht mehr und nicht weniger.
Oba naja, des kimmt etzt de Schwarzn grod recht, da kenna sa se wieda profiliern, vor allem nachdems beim Volksentscheid so oans übabratzlt kriagt ham. Do kaamatns etzt daher, ob ma de Kreiz af de Berg aa abmontiern muaß. Ja so ein Schmarrn, davo war doch nia de Red, aba wenns um de Tradition geht, dann konn ma de Emotionen vom Volk so richtig schee zum Kocha bringa. Oda wenn de Demagogn sogn, daß na als näxtes de christlichn Feiadog abgschafft wern, de Feiadog wui ja koana hergem. Und etzt jubels da CSU zu, weil de fia de Erhaltung der christlichen Werte, sprich de Feiadog eintritt. Wenn i net genau wissn daat, daß de Vafassungsrichta garnet anders entscheidn ham kenna, daat i fast glaum, daß de da CSU bloß a paar Prozente Wählerstimmen zuaschuastan wolltn.

Und de Pfaffn erst, de wolln uns da glei vaklickern, daß etzt da Teife bsonders leicht hot, wo nan as Kreiz nimma aufholtn ko.
Das kommt aber jetzt den Schwarzen gerade recht, da können sie sich wieder profilieren, vor Allem nachdem sie beim Volksentscheid eine Niederlage erlitten haben. Da kämen sie jetzt daher, ob man die Kreuze auf den Bergen auch abmontieren muss. Ja so ein Unsinn, davon war doch nie die Rede, wenn es aber um die Tradition geht, dann kann man die Emotionen vom Volk so richtig schön zum Kochen bringen. Oder wenn die Demagogen sagen, dass nun als Nächstes die christlichen Feiertage abgeschafft werden, die Feiertage will ja niemand hergeben. Und jetzt jubeln sie der CSU zu, weil die für de Erhaltung der christlichen Werte, sprich die Feiertage eintritt. Wenn ich nicht genau wissen würde, dass die Verfassungsrichter gar nicht anders entscheiden konnten, würde ich fast glauben, dass sie der CSU nur ein paar Prozente Wählerstimmen zuschustern wollten.

Und die Pfaffen erst, die wollen uns nun gleich weismachen, dass jetzt der Teufel besonders leicht hat, wo ihn das Kreuz nicht mehr aufhalten kann.
Demonstrationen hams gmacht wega dem Kreiz. Tausende warn do. Wenn da Papst in de dritte Welt fahrt, in Lända, de aus allen Nähtn platzn und genga de Geburtnkontrolle weddat, dann juckt des koan, da geht koana aufd Straß. Oba des Kreiz, des mobilisiert de Massn. Seitnweis san de Zeitungen voll von Leserbriaf. Jeda moant, er muaß wos sogn dazua.

Am meistn kummt des Argument, des Kreiz waar ja nur des Symbol fia de christliche Toleranz. I konn einfach net kapiern, wia des Kreiz wos mit Toleranz zum toa ham soll. Am lautesten schrein grod de Katholen, de Mitglieda der institutionalisierten Intoleranz. Toleranz daat ja beispielsweis bedeitn, daß ma dem Dreewer- und der Heinemann net glei de Lehrerlaubnis entziagt, bloß weil de net genau des glaubm, wos da Papst eana vorscheibt. Vielleicht moana de mit der Toleranz des, wos ma dem Martschinkus entgegnbringt. Kennts den? Also, des is da ehemalige Vorsitzende von da Vatikan-Bank, der sitzt im Vatikan und traut si nimma naus, weil a von Intapuul wega betrügerischen Bankrotts gsuacht wird. Also, suacha tuat man net, man woaß ja wo a is, bloß vahaftn konn ma'n net, solang er se im Vatikan vekriacht. Etzt wißt ma aa, warum des Kiachnasyl net abgschafft wean ko

Demonstrationen haben sie gemacht wegen dem Kreuz. Tausende waren da. Wenn der Papst in die dritte Welt fährt, in Länder, die aus allen Nähten platzen und gegen die Geburtenkontrolle schimpft, dann interessiert das niemanden, da geht keiner auf die Straße. Aber das Kreuz, das mobilisiert die Massen. Seitenweise sind die Zeitungen voll von Leserbriefen. Jeder meint, er muss etwas dazu sagen.

Am meisten hört man des Argument, das Kreuz wäre ja nur das Symbol für die christliche Toleranz. Ich kann einfach nicht verstehen, wie das Kreuz etwas mit Toleranz zu tun haben soll. Am lautesten schreien gerade die Katholen, die Mitglieder der institutionalisierten Intoleranz. Toleranz würde ja beispielsweise bedeuten, dass man dem Dreewer- und der Heinemann nicht gleich die Lehrerlaubnis entzieht, nur weil die nicht genau das glauben, was der Papst ihnen vorschreibt. Vielleicht meinen die mit der Toleranz das, was man dem Marcinkus entgegenbringt. Kennt ihr den? Also, das ist der ehemalige Vorsitzende der Vatikan-Bank, der sitzt im Vatikan und traut sich nicht mehr raus, weil er von Interpol wegen betrügerischen Bankrotts gesucht wird. Also, suchen tut man nicht, man weiß ja, wo er ist, nur verhaften kann man ihn nicht, solang er sich im Vatikan verkriecht. Jetzt wissen wir auch, warum des Kirchenasyl nicht abgeschafft werden kann.

Also, de miaßn an Toleranz denga, wenns des Kreiz seng, mog ja sei, daß des bei dene funktioniert, bei mir net, also vielleicht hob i do so an genetischn Gefühlsdefekt, i denk an wos ganz anders. I konn mia net helfa, wenn i a Kreiz sieg, dann falln mia Kreizzüge ein. I moan, i konn ja aa nix dafüa, aba i find de Assoziation Kreiz und Kreizzug naheliegend. Und wenn i dann a Kreiz sieg, dann werd i imma ganz traurig, und dann schaam i mi fias Abendland. Wenn i mi dann ablenga und an wos anders denga wui, kimmts no schlimma, dann sieg i a Buidl vor mir, wia so a arms Würstl von da Inquisition im Zeichn des Kreuzes in da Foltakamma a bißerl länga gmacht wird. Oda des Buidl, wenn oane aufn Scheitahaufn vabrennt wird, weils a Hex sei soll, de Flamma züngln scho langsam an ihr hoch und dann seht do imma no oana do und holt ihr a Kreiz vors Gsicht.

Oda de ganzn Völka, de ma untam Zeichn der Kreuzes abgschlacht hod, von Amerika bis zu de hintersten Gewürzinseln. Und dann soll i an Tolaranz denga, wenn i a Kreiz sieg. I moan, es konn ja jeda mit dem Kreiz vebindn, wos er wui, do bin i so tolerant, daß i des jedm zuagsteh, mog jeda Assoziationen ham, wos er wui, bloß i, i konn halt net gega meine Gedankn o.

Also, die müssen an Toleranz denken, wenn sie das Kreuz sehen. Mag ja sein, dass das bei denen funktioniert, bei mir nicht, also vielleicht hab ich da so einen genetischen Gefühlsdefekt, ich denk an etwas ganz anders. Ich kann mir nicht helfen, wenn ich ein Kreuz sehe, dann fallen mir Kreuzzüge ein. Ich meine, ich kann ja nichts dafür, aber ich finde die Assoziation Kreuz und Kreuzzüge nahe liegend. Und wenn ich dann ein Kreuz sehe, dann werde ich immer ganz traurig, und dann schäme ich mich fürs Abendland. Wenn ich mich dann ablenken und an etwas anderes denken will, kommt es noch schlimmer, dann sehe ich ein Bild vor mir, wie so ein armes Würstchen von der Inquisition im Zeichen des Kreuzes in der Folterkammer ein bisschen länger gemacht wird. Oder das Bild, wenn eine auf dem Scheiterhaufen verbrennt wird, weil sie eine Hexe sein soll, die Flammen züngeln schon langsam an ihr hoch und dann steht da immer noch jemand da und hält ihr ein Kreuz vors Gesicht.

Oder die ganzen Völker, die man unter dem Zeichen des Kreuzes abgeschlachtet hat, von Amerika bis zu den hintersten Gewürzinseln. Und dann soll ich an Toleranz denken, wenn ich ein Kreuz sehe? Ich meine, es kann ja jeder mit dem Kreuz verbinden, was er will, da bin ich so tolerant, dass ich das jedem zugestehe, mag jeder Assoziationen haben, was er will, nur ich, ich kann eben nicht gegen meine Gedanken an.

Und vor allem, wenn so vui Leid üba de Hinrichtung von am Wandaprediga jamman, is doch bloß recht und billig, wenn i an de Millionen von Leid erinner, de im Namen Gottes als Ketzer und Hex hi gricht oda af de Kreizzüg niedagmetzlt worn san.

Vor Kurzem hob i glesn, wias mit da Entwicklungshilfe oganga is. Des war zirka 1530. Do hot de portugiesische Königin in Amerika an Varein gründt. Do san eingeborene Madl christlich erzogn worn, de von de Weißn zu Waisen gmacht und aa no von de Eroberer vergewaltigt worn san. "Schwestern der Buße" hot ma den Varein ghoaßn. Des bedeit, de Heidnmadln ham Buße toa miaßn, net de christlichen Konquistadoren. De Selbstherrlichkeit findt ma heit imma no, zum Beispiel beim Katholischn Männervarein Tuntnhausn. Des san aa de, de am lautesten nach m Kreiz schrein.

Und vor allem, wenn so viele Leute über die Hinrichtung von einem Wanderprediger jammern, ist es doch nur recht und billig, wenn ich an die Millionen von Leute erinnere, die im Namen Gottes als Ketzer und Hexen hingerichtet oder auf den Kreuzzügen niedergemetzelt worden sind.

Vor Kurzem hab ich gelesen, wie es mit der Entwicklungshilfe begann: Das war zirka 1530. Da hat die portugiesische Königin in Amerika einen Verein gegründet. Da sind eingeborene Mädchen christlich erzogen worden, die von den Weißen zu Waisen gemacht und auch noch von den Eroberern vergewaltigt worden sind. "Schwestern der Buße" hat man den Verein genannt. Das bedeutet, die Heidenmädchen hatten Buße zu tun, nicht die christlichen Konquistadoren. Diese Selbstherrlichkeit findet man heute immer noch, zum Beispiel beim Katholischen Männerverein Tuntenhausen. Das sind auch diejenigen, die am lautesten nach dem Kreuz rufen.

"De Kreizzüg und de Inquisition, des war a Missbrauch des Kreizes", wird imma wieda von de Christn behauptet.Ja, des mog scho sei, oba damals hams behauptet, des war Gottes Wille. Af den Willen Gottes beruafa sa se oba heid imma no, wenn eama de Argumente ausgeha. Ja, und wie kummt des, dass heut ganz wos anders behaupten wia damals, wenns vom Willen Gottes ren? Hod Gott in seina Allwissenheit sei Meinung geändert oda hams uns damals gemau so glong, wies heid liang, wenn behauptn zu wissen, wos Gott wui.

Des is ja scho so lang her, is ma gsogt worn, mit da Inquisition und de Kreizzüg. Na guat, oba des tausendjährige Reich is aa scho vieamol so lang voabei wias dauert hot, und trotzdem kaam koana auf de Idee, daß er a Haknkreiz als as Symbol fia de Völkavaständigung ooschaugn daat. So wia ma von jedem Deitschn erwart, daß a se fia de Untatn des tausendjärign Reichs schaamt, genauso sollt se jeda Christ fia de sogenanntn christlichen Tatn schaama. Und de ham länga dauert als bloß zwölf Jahr. Teilweis dauern de imma no o. Des geht scho los, wenn mei Deandl vom Religionslehrer gemein ausgfrogt werd, wenns eam sogt, daß sa se net fiama laßt. Und da dagegn hilft aa koa Luther, koane Vafassungsrichta und koa Kirchenvolksbegehren. Vielleicht braicherts do aa Alliierte.
"Die Kreuzzüge und die Inquisition, das war ein Missbrauch des Kreuzes", wird immer wieder von den Christen behauptet. Ja, das mag schon sein, aber damals haben sie behauptet, es wäre Gottes Wille. Auf den Willen Gottes berufen sie sich aber heute immer noch, wenn ihnen die Argumente ausgehen. Ja, und wie kommt es, dass sie heute etwas ganz anderes behaupten als damals, wenn sie vom Willen Gottes reden? Hat Gott in seiner Allwissenheit sein Meinung geändert oder haben sie uns damals gemau so angelogen, wie sie heute lügen, wenn sie behaupten zu wissen, was Gott will.

Das ist ja schon so lang her, ist mir gesagt worden, mit der Inquisition und den Kreuzzügen. Nun gut, aber das tausendjährige Reich ist auch schon viermal so lang vorbei wie es gedauert hat, und trotzdem käme niemand auf die Idee, dass er ein Hakenkreuz als das Symbol für die Völkerverständigung ansehen würde. So wie man von jedem Deutschen erwartet, dass er sich für die Untaten des tausendjährigen Reiches schämt, genauso sollte sich jeder Christ für die so genannten christlichen Taten schämen. Und die haben länger gedauert als nur zwölf Jahre. Teilweise dauern sie immer noch an. Das geht schon los, wenn meine Tochter vom Religionslehrer gemein ausgefragt wird, wenn sie ihm sagt, dass sie sich nicht firmen lässt. Und dagegen hilft kein Luther, keine Verfassungsrichter und kein Kirchenvolksbegehren. Vielleicht bräuchte es da auch Alliierte.
I hob ständig den Eindruck, de Christn san de erstn hundert Jahr vafolgt worn, und de näxtn zwoatausend Jahr rächn sa se dafia an da restlichn Menschheit. Do hams aus da passivn Christnverfolgung a aktive Christnverfolgung gmacht. Und dann mecht i glatt sogn, zruck mitn Kreiz in de Katakombn. Wer an Charakter hot, hengt doch bittschö sei Kreiz im Kella auf, wos net a so auffallt. Dann muaß er se aa net so dafia schama, fia des, wozua des Kreiz von de Christn scho ois mißbraucht worn is. Und wer des Bedürfnis danoch hot, der soll bittschön in Keller obi geh, durt auf Holzscheidln knian und a so klammheimlich zu seim Herrgott zu betn. Ich hab ständig den Eindruck, die Christen sind die ersten hundert Jahre verfolgt worden, und die nächsten zweitausend Jahre rächen sie sich dafür an der restlichen Menschheit. Da haben sie aus der passiven Christenverfolgung eine aktive Christenverfolgung gemacht. Und dann möchte ich glatt sagen, zurück mit dem Kreuz in die Katakomben. Wer Charakter hat, hängt doch bitteschön sein Kreuz im Keller auf, wo es nicht so auffällt. Dann muss er sich auch nicht so dafür schämen, wofür das Kreuz von den Christen schon alles missbraucht worden ist. Und wer des Bedürfnis danach hat, der soll bitteschön in den Keller hinunter gehen, dort auf Holzscheiten knien und so klammheimlich zu seinem Herrgott zu beten.

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