Einakter in 2 Szenen

1. Szene:

Im Pfarramt Transvesting. Im Herbst 2002

Personen:
Pfarrer Lehner, Pfarrer von Transvesting
ein unbekannter Besucher, ein flaches Paket unter dem Arm

Besucher: Grüß Gott Herr Pfarrer, i hätt da was für Sie.

Pfarrer: Ja, Grüß Gott. Da kommens erst mal rein.
So was hamms denn da?

B: I hätt a Votivtafel für eana Kirch.

P: Ja, das ist aber schön, eine Votivtafel. Ja, sowas können wir immer gebrauchen. Und so groß noch dazu.

B: Ja, da hamma ...

P: Wissen sie, der Glaube im Volk lässt ja immer mehr nach. Und Votivtafeln, wissen Sie, bekommen wir immer seltener. Eine Votivtafel, ja so was Feines. Für eine Votivtafel haben wir in der Kirche natürlich immer Platz. Jede Votivtafel, jedes Wunder bestärkt den Christen in seinem Glauben. Es wird sowieso Zeit, dass da wieder mal was Neues hinzukommt.

B: Ja, des hamma uns aa denkt, drum hammas ja aa gmacht.

P: Ich würde dann vorschlagen, dass wir die Tafel am Sonntag während des heiligen Hochamts in der Kirche anbringen. Ich werd mir bis dahin einen geeigneten Platz aussuchen.
Ich hoffe, sie haben sich auch an die Vorgaben unserer Kirche gehalten.

B: Klar, Herr Pfarrer. Da ham mia uns schon informiert. De Maria, Patrona Bavaria, is draaf, im Hintagrund de Transvestinga Kirch. Mia ham oisamt beacht, wos Vorschrift is. Mia ham gschriem, dass Maria gholfa had, nachdem mia so intensiv bet ham.

P: Ja, das klingt schon mal gut. Da zeigt sich wieder mal, welche Macht in einem innigen Gebet stecken kann.
Dann zeigen Sie mal her. Ja, hier die Muttergottes, exakt wie vom Altar, sehr schön, aber da die Transvestinger Kirche im Baugerüst, also ich weiß nicht ...

B: Ja mei Herr Pfarrer, des entspricht der Realität, wia mia de Tafl gmacht ham, war de Kirch eigrüst, des Buidl hod an dokumentarischn Wert.

P: Ja, da haben Sie auch wieder Recht. Einverstanden. Und nun der Text. "Maria von Transvesting hat unser inständiges Gebet erhört. Danke für den Wahlerfolg."
Ja, guter Mann das ist ja wirklich eine feine Tafel. Schön, sehr schön, mal ein anderes Thema, sehr modern, gefällt mir gut.

B: Ja, sell (das selbe) ham mia uns aa dacht, wia mas gmacht ham.

P: Aber wissen sie, allein der Maria dürfen sie den Wahlerfolg nicht in die Schuhe schieben. Da haben wir auch unseren Anteil daran. Nicht umsonst lesen wir vor jeder Wahl wiederholt die Diözösanbriefe während des Gottesdienstes vor. Und da wird den Christen schon deutlich gesagt, dass sie bei der Wahl die christlichen Belange vertreten sollen ...

B: Ja, oba ...

P: ... und dass das C nicht umsonst im Parteinamen einer großen Volkspartei vorkommt. Aber nachdem ich ihre Freude teile, wenn die CSU einen grandiosen Sieg erringt, freut mich ihre Votivtafel besonders.

B: Oba, Herr Pfarrer, ganz a so ...

P: Aber, das Datum: 22.September 2002. Ha?! Da war ja die Bundestagswahl. Und so toll war da das Ergebnis für die christlichen Parteien wirklich nicht.

B: Ja, gfrein'S eana denn wirklich ned, dass da Stoiba in Bayern bleibt?

P: Ja, das schon, aber in Berlin hätte er doch ganz andere Möglichkeiten, die Interessen der Katholiken zu vertreten.

B: Ja, Herr Pfarrer, wissens, de Tafl is aa von der Transvestinga SPD. Des steht aa ganz kloa do heruntn. Wissns, mia ham nämlich an Rosnkranz bet, dass Rot-Grün an da Regierung bleibt, und Maria hod gholfa, unsa Gebet is erhört worn.

P: Ja, guter Mann, sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir eine Votivtafel von linken Kommunisten in unserer geheiligten Wallfahrtskirche anbringen?.

B: Ja, oba mia ham doch den Wahlerfolg dabet'(erbetet).

P: Sie werden doch nicht glauben, dass Ihnen Maria hilft, wenn Sie für einen Wahlerfolg der Roten beten? Da könnte doch jeder daherkommen. Unsere Muttergottes hilft nur den echten Christen. In Ihrem Fall ist ein Gebet für einen Wahlsieg nichts anderes als Gotteslästerung.

B: Ja, oba ...

P: Da nehmen Sie die Votivtafel und verschwinden Sie aus meinem Pfarramt.

B: Ja mei, dann schick ma de Tofl irgendwelche Genossn in Nordrhein-Westfalen, de kenna sa se üban Stammtisch hänga. Wos glaums, wia se de gfrein, wenns von da Maria aus Transvesting lesn.

Transvestinger Pfarrer und Gast bei der Übergabe der Tafel

2. Szene:

Im Pfarramt Transvesting. Ein Jahr später, also im Herbst 2003

Personen:
Pfarrer Schuderer, Nachfolger des inzwischen pensionieren Pfarrer Lehner
schon wieder ein unbekannter Besucher, auch dieses Mal ein flaches Paket unter dem Arm

Besucher: Guten Tag Herr Pfarrer, ich hätte etwas für Sie, das Sie vielleicht brauchen könnten.

Pfarrer: Ja, Griaß God. Da kemms erscht mol eina.
So wos hamma denn do?

B: Wir haben eine Votivtafel für die Transvestinger Kirche anfertigen lassen.

P: A Votivtofl! Ja, ja, da hod mia mei Vorgänga Sachan erzählt, sie glaam garned, wos do fia Leid kemman.

B: Aber Herr Pfarrer, Sie wissen doch, dass der Glaube im Volk immer mehr nachlässt. Und Votivtafeln werden da doch immer seltener. Und eine Votivtafel, die ein Wunder belegt, bestärkt den Christen in seinem Glauben.

P: Also, wissnS, wenn i ganz ehrlich bin, mid sowos is unsa Kirch doch scho voll davo. I woaß ned ...

B: Eine moderne Tafel, mit einem zeitgemäßem Thema würde ihre Kirche nur aufpeppen.

P: Naa, i woaß ned, so wos is doch naiver Kindaglaum ...

B: Aber Herr Pfarrer das kann Ihnen doch egal sein, solange es der heiligen katholischen Kirche nützt.

P: Wia i do ogfanga hob, hob i mia fest vorgnumma, dass mia sowos nimma einakimmt in mei Kirch. Vadummung is doch koa Weg, de Leid wieda in de Kirch zum Bringa.

B: Aber Herr Pfarrer, die Vorgaben haben sich doch nicht geändert, seit Sie hier tätig sind. Wir haben uns nämlich genau informiert, was so eine Votivtafel alles enthalten muss: Die Transvestinger Kirche, die Muttergottes in der traditionellen Form und als Text, dass Maria unser inständiges Gebet erhört hat.

P: Also, i hob koa guats Gfui dabei, wenn da Maria scho wieda a Spontanheilung in'd Schua gschom werd. Spontanheilungen gibts imma wieda, mid und ohne Maria.

B: Aber Herr Pfarrer, Sie enttäuschen mich, so untergraben Sie doch die Autorität der Institution, die Sie zu vertreten haben.

P: I woaß ned, i woaß ned ...

B: Ich versteh Sie wirklich nicht Herr Pfarrer. Wir machen uns Gedanken, wie wir dem Verfall des Glaubens entgegen wirken können, und Sie sträuben sich gegen unsere Ideen.

P: Ja, in Gottsnam, dreißge, dann zoangs amol her.

B: Ja Herr Pfarrer, ist sie nicht schön geworden, unsere Tafel?

P: Ja, aa ned anders wia de, de scho massenhaft in da Kirch rumhänga.

B: Ein weiteres Mosaiksteinchen zur Festigung des Glaubens.

P: Und dann aa no da Text: "Maria von Transvesting hat unser inständiges Gebet erhört. Danke für den Wahlerfolg." Naa, sowos kimmt mir ned ind Kirch, wos Politisches scho amol glei garned. - Des kenn in von meim Vorgänga, der hod ma des no vazählt, sowos habts eam scho amol untajubln wolln, oba eich von da SPD hod er gottseidank auße gschmissn.

B: Aber sehen Sie mal, das Datum: 21.9.2003.

P: Do ist doch in Bayern gwählt worn.

B: Ja eben, Herr Pfarrer und zwar mit dem Ergebnis, dass die CSU eine Zweidrittel Mehrheit erzielt hat.

P: Und wos hod mei Kirch damid zum Toa?

B: Ja, dass die Tafel von der CSU ist, das steht auch ganz klein da in der Ecke. Hier.

P: Ja warum songs denn des ned glei?

B: Wir wollen uns für das Ergebnis bedanken, bei Maria, den Gläubigen ...

P: Und bei uns - Mia ham ja damals ganz sche predigt fia eich.

B: Ja eben.

P: Ja, dann is des ebbas ganz anders. - Dann dans amol de Tofl her. I daat song, dass ma de Tofl am Sonntag im Hochamt in da Kirch afhänga. I wer ma bis dohi no an gscheidn Plotz aussuacha.

B: Jetzt sagen sie mir bitte eines, warum haben Sie sich denn so lange geziert?

P: Ja mei, wenn scho amol a Preiß daherkimmt, dann is des doch suspekt. I hob Eana fia an zuazongna Sozi gholtn.

B: Aber Herr Pfarrer, ein Norddeutscher kommt doch nach Bayern, weil hier Milch und Honig fließen. Hier herrscht doch Zucht und Ordnung. Und das alles hat man nur der CSU zu verdanken. Mein erster Schritt in Bayern war, dass ich der CSU und danach der katholischen Kirche beigetreten bin. Man will ja schließlich dazugehören. Inzwischen bin ich Kreisvorsitzender der CSU.

P: Oba an Preißn wählt doch koana.

B: Da haben sie sich aber geschnitten. Wenn einer in Bayern für die CSU kandidiert, dann wird er auch gewählt.

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